Die heimischen Olympia-Rodler haben die Arbeit wieder aufgenommen und starten in die Vorbereitung auf die kommende Saison. Nicht mehr dabei ist der Tiroler Lorenz Koller, der nach einem erfolgreichen, aber auch intensiven Jahrzehnt im Spitzensport seine Karriere beendet.
Lorenz Koller (28), der für den RV Swarovski Halltal startete, prolongierte als Untermann gemeinsam mit dem Vorarlberger Thomas Steu die rot-weiß-rote Erfolgsgeschichte im Doppelsitzer. Das Duo sorgte erstmals 2014 bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Igls mit zwei Goldmedaillen für Schlagzeilen. Im darauffolgenden Winter erfolgte das Debüt im Weltcup.
Lorenz Koller:
„Ich habe mir dank der Unterstützung von meiner Familie, dem Verband und Partnern gleich mehrere Träume erfüllen können. Wir waren in ein sehr professionelles System eingebettet, es war eine super Zeit mit vielen erfolgreichen Kapiteln, für die ich unglaublich dankbar bin.“
Zwei Olympiamedaillen
Bei ihrem Olympia-Debüt in Südkorea 2018 rodelte das Duo mit Rang vier knapp an einer Medaille vorbei, vier Jahre später kehrte man aus Peking dank Bronze im Doppelsitzer und Silber im Team-Bewerb mit gleich zwei Olympia-Medaillen heim. Zwei der insgesamt neun gewonnenen Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften sind aus Gold: 2021 wurden Steu/Koller mit der Mannschaft Weltmeister in Königssee (GER), ein Jahr zuvor Europameister im norwegischen Lillehammer.
Sieg im Gesamtweltcup
Beim Saisonauftakt 2018/2019 konnte das Duo in Igls binnen 24 Stunden über ihre ersten beiden Weltcupsiege jubeln und den Gesamtweltcup auf Rang zwei beenden. Die darauffolgende Saison verlief mit einem Sieg und drei weiteren Podestplätzen ebenfalls nach Wunsch, ehe Steu bei einem Trainingssturz in Sigulda einen Schien- und Wadenbeinbruch erlitt. Das Duo musste die Saison damit vorzeitig beenden – und kam stärker zurück denn je. Mit vier Volltreffern und vier weiteren Podestplätzen sicherte sich Lorenz Koller und sein Bludenzer Partner in der Saison 2020/2021 den Sieg im Gesamtweltcup.
Lorenz Koller:
„Wir haben viel erreicht, aber auch die Schattenseiten kennengelernt. Der Erfolg von heute ist übermorgen längst vergessen, du bist die meiste Zeit getrieben, kommst kaum zum Durchschnaufen. Die letzten Jahre waren extrem intensiv, speziell die letzte Saison hat richtig viel Energie und Substanz gekostet. Ich spüre nicht mehr die Motivation, die es braucht, um auf Top-Niveau abliefern zu können. Zudem muss ich zwangsläufig auch an meine berufliche Zukunft denken. Ich möchte eine Lehre absolvieren und in Folge in der Sattlerei meines Vaters arbeiten. Zuvor möchte ich aber das letzte Jahrzehnt in aller Ruhe sacken lassen. Ich werde mit der Rodelfamilie auch weiterhin verbunden bleiben und freue mich auf meine neuen Wege und künftigen Herausforderungen.“
Steu startet mit Kindl neu durch
Thomas Steu bleibt dem Rodelsport hingegen weiter erhalten und das im Doppelsitzer. Der Vorarlberger wird die kommende Saison gemeinsam mit Wolfgang Kindl in Angriff nehmen. Kindl, der seine Olympiakampagne im Einsitzer weiter voll vorantreiben wird, fährt damit zweigleisig. Die ersten Testläufe absolvierten der Vorarlberger und der zweifache Silbermedaillen-Gewinner von Peking (Einsitzer, Team) im Rahmen des letzten Eistrainings in dieser Saison, Ende März in La Plagne.
Thomas Steu:
„Natürlich ist der Ausstieg von Lorenz und das Ende unserer gemeinsamen Karriere sehr schade. Wir haben zusammen über viele Jahre einiges er- und durchlebt, es war eine geile Zeit, die mir sehr viel gegeben hat und geben wird. Ich bin Lorenz in vielerlei Hinsicht sehr dankbar und kann ihn gut verstehen. Auch ich war mir zwischenzeitlich nicht mehr sicher, ob ich weitermachen werde, bis sich die Möglichkeit aufgetan hat, es mit Wolfi zu probieren. Wir hatten gute Gespräche mit dem Verband und wissen nach La Plagne, in welche Richtung der Schlittenbau gehen muss. Im Sommer gilt es die Hausaufgaben zu machen, im Oktober starten wir dann ins Eistraining. Da wird man dann sehen, wie es funktioniert. Es ist auf jeden Fall eine spannende Sache, wenn wir nicht davon überzeugt wären, dass es klappen könnte, würden wir es nicht machen.“
Wolfgang Kindl:
„Ich sehe den Start im Doppelsitzer als zusätzliche Chance und Bereicherung und denke, dass mich das auch im Einsitzer weiterbringen kann. Ich bin schon sehr lange im Geschäft, da ist ein zusätzlicher Reiz nie schlecht. Thomas und ich kennen uns ewig, wir verstehen uns sehr gut, sind beide sehr ehrgeizig und erfolgsorientiert. Klar ist, dass die Zweigleisigkeit nicht auf Kosten meiner Einsitzer-Kampagne gehen darf, im Falle einer Überbelastung hat der Einsitzer Priorität. Ich bin aber davon überzeugt, dass mir meine Erfahrung helfen wird, da wie dort erfolgreich zu rodeln und freue mich sehr auf die Challenge.“
Christian Eigentler (ÖRV-Cheftrainer):
„Lorenz ist ein großartiger Teamplayer und war immer ein wichtiger Bestandteil in unserer Truppe, einfach ein feiner Charakter und super Sportler, dem ich für seinen weiteren Weg nur das Beste wünsche. Es freut mich, dass wir für Thomas eine Lösung gefunden haben, die sehr vielversprechend aussieht. Wolfi ist ungemein professionell, hat einen klaren Plan und ehrgeizige Ziele, wir werden die beiden bestmöglich unterstützen und erhoffen uns einiges. Die Konstellation und Ausgangsposition sind definitiv interessant.“
Zurück im Trainingsalltag
Sechs Wochen nach dem Saisonfinale 2022/23 wurde die Saisonvorbereitung diese Woche mit Feedback-Sitzungen, zwei Testtagen im Windkanal und dem Start ins Athletiktraining eingeläutet. Die erste Trainingsphase wird mit einem Lehrgang am Gardasee abgerundet und dauert bis Mitte Mai. Anschließend wird zusätzlich auf Flacheis und am Startbock trainiert, im Juli bekommen die Schützlinge von ÖRV-Cheftrainer Christian Eigentler drei Wochen frei. Die Trainingsblöcke im August und September beinhalten Lehrgänge in Faak am See und voraussichtlich auf Lanzarote, Anfang Oktober startet die Eisvorbereitung. Der Weltcupauftakt findet laut FIL-Rennkalender von 07. - 09. Dezember in Lake Placid statt, dann geht es weiter nach Whistler. Nach der Weihnachtspause folgen die Weltcups in Winterberg und Oberhof, anschließend wird in Altenberg erst die Weltmeisterschaft (26. - 28.01) und eine Woche später ein weiterer Weltcup gerodelt. Es folgen der Heim-Weltcup in Igls (10.-11.02) und ein neuerlicher Stopp in Oberhof, ehe die Saison 2023724 mit einem Doppelpack in Sigulda abgeschlossen wird.