Der Wimpernschlag einer Libelle

Sigi Bergmann galt als die Sportreporter-Legende schlechthin. Der 84-jährige gebürtige Steirer, der den heimischen Sportjournalismus als ORF-Reporter über Jahrzehnte geprägt hat, verstarb in der Nacht auf Dienstag nach kurzer schwerer Krankheit. Der ausgewiesene Boxexperte, der bei 20 Olympischen Spielen im Einsatz, wurde auch stets mit dem Rodelsport in Verbindung gebracht. Neben seinen geschätzten Expertisen haben seine leidenschaftlichen Moderationen und pointierte Sprüche Kultstatus.
 
Als Österreichs einstiger Paraderodler und heutiger ÖRV-Präsident Markus Prock bei den Olympischen Spielen in Lillehammer um lächerliche 13 tausendstel Sekunden die Goldmedaille verpasst hatte, umschrieb Bergmann den Rückstand mit dem "Wimpernschlag einer Libelle". Ein Biologe kritisierte danach, dass Libellen keine Wimpern hätten. Wie intensiv Bergmann mit dem Rodelsport, „wo die Sekunde in tausend Teile zerhackt wird“, mitfieberte zeigt auch eine Anekdote aus Königssee: Als Prock seinem Dauerrivalen Georg Hackl auf seiner Hausbahn bei der Europameisterschaft 1994 die Goldmedaille wegschnappte, war der mitfiebernde Bergmann derart zu Tränen gerührt, dass das Siegerinterview unterbrochen werden mussten.
 
„Wir verlieren einen großartigen Menschen und tollen Freund, dessen große Begeisterung und Verbundenheit für den Sport im Allgemeinen und uns Rodler im Speziellen weit über das Berufliche hinaus gegangen ist“, erinnern sich Markus Prock und der damalige Sportdirektor Peter Knauseder. „Wir werden seine feine, humorvolle Klinge sehr vermissen, unsere Gedanken sind bei der Familie und Angehörigen.“